Die Ausbildung zum „Trainer-B Wildwasser“ richtet sich an ambitionierte Wildwasserfahrer, die bereits den Trainer-C erfolgreich absolviert haben und ihre Fertigkeiten und Kenntnisse vertiefen wollen. Zur Trainer-B Ausbildung der Naturfreunde (Deutschlands) gehört auch eine 10-seitige schriftliche Ausarbeitung, in der man sich einem Lehrthema widmet.
Diese Ausarbeitung soll eine Unterstützung der Übungsleiter C /Gruppenführer einer Wildwassergruppe darstellen und aufzeigen, welche Möglichkeiten zur Vorbereitung er hat, um ein sicheres Befahren von unbekannten schweren Flüssen zu gewährleisten.
Gleichzeitig soll er damit eine Checkliste an die Hand bekommen, wie er seine Tätigkeit ständig unterstützend mit den an ihn gestellten Anforderungen abgleichen kann. Die Einschätzung und Umsetzung der jeweiligen Gegebenheit obliegt dem einzelnen Gruppenführer.
Welche Vorbereitungen und Maßnahmen sollte man einhalten, um einen unbekannten schweren Fluss zu befahren?
Vorbereitungen vor der Befahrung
schwerer Wildwasser-Abschnitte
Team kennenlernen: Gesundheitszustand und Erfahrung abfragen
Wir brauchen die folgenden Informationen über alle Mitpaddler:
- Name
- Persönlicher Werdegang im Wildwasser *
- Abklopfen von Allergien, Krankheiten oder aktuelle Beeinträchtigungen
- Was macht wer beruflich oder bei anderen Hobbys oder Tätigkeiten
*Generell ist dazu zu sagen, dass man im Normalfall besser von einer Befahrung eines schweren Flusses „mit Fremden“ absehen sollte, da man andere schnell überfordert oder sich selber in eine sehr schwere Lage bringen kann. Besser ist es, erst einmal bei mittelschweren Wildwasser (3-4+) abzuklopfen, wie denn jeder mit den verschiedenen Begebenheiten umgeht, und um ein gesundes Zusammenspiel in der Gruppe zu finden. Erst danach sollte man sich der Thematik beschäftigen, „schweres Wildwasser“ in Angriff zu nehmen.
Bei schwererem Wildwasser werden auch im Speziellen erhebliche psychische und physische Anforderungen an die Gruppenmitglieder gestellt. Diese lassen sich nur im kleinen Rahmen vorab theoretisch in einem Gespräch abklopfen.

Material- und Ausrüstungskontrolle: Was braucht jeder Paddler?
An der Person:
- Wildwasserhelm
- Wildwasserschwimmweste
- Neopren / Trockenhose mit einer Trockenjacke oder Trockenanzug
- Wildwasserspritzdecke
- Rutschfestes Schuhwerk
- 1 Bandschlinge mit Schraubkarabiner
- Einhandmesser
- Signalpfeife
- Müsliriegel
- 1 Seilrolle mit Schraubkarabiner
- Weitere Empfehlung:
- Ellbogenschützer
- 2 Prusikschlingen oder Seilklemme
- 2 Karabiner
- Kleiner Wurfsack am Mann (10-15m)
- Cow-Tail
Im Kajak:
- Erste Hilfe Set
- Wurfsack
- 3 Karabiner
- 1 Schraubkarabiner mit Seilrolle
- Pelicase oder Trockensack für
- Handy
- Notfallnummern
- Getränk
- Auftriebskörper vorne und hinten
Weitere Empfehlung - 1 teilbares Ersatzpaddel/pro Gruppe
- Klappbare Säge
- Abseilachter mit Schraubkarabiner
- Teer Tape oder Ducktape
- Wundpflaster wasserfest
- Aluschiene
- Traubenzucker
- OB klein (starkes Nasenbluten oder tiefere Astwunden)
- Feuerzeug oder ähnliches
- Textmarker*
Es bietet sich bei Rettungsmaßnahmen an, bei Verunfallten schriftlich zu vermerken, was wann wo schon eingeleitet wurde und ob schon Schmerz- oder Beruhigungsmittel verabreicht wurden und ob Allergien vorliegen! Dies erleichtert die weitere Behandlung von eintreffenden oder weiter behandelnden Ärzten und Helfern.
- Name und Telefonnummer in den Booten anbringen
*Leider gab es in den letzten Monaten wieder einige Vorfälle, bei denen Boote gefunden wurden. Bei denen wurden durch örtliche Instanzen Such- und Rettungsmaßnahmen eingeleitet. Diese hätten sich zum Teil sehr schnell durch einen Anruf erledigen können, um die Begebenheiten, die zum Auffinden der Boote führten, zu klären. So kamen auf die ermittelten Besitzer erhebliche Kosten der Rettungs- und Suchmaßnahmen zu. - Notrufsender Garmin, Spot Gen 3, Kosten pro Jahr 150 € + Gerät

Digitale Planung: Elektronische Flussdaten und Wetter-Apps nutzen
In der heutigen Zeit von Smartphone und Co. haben wir die Möglichkeit, über Google und anderen Suchmaschinen uns genaue Flussbeschreibungen einzuholen. Dabei ist darauf zu achten, wie alt diese sind.
Diese können als reine schriftliche Beschreibungen vorhanden sein oder aber sogar als Videomaterial zur Verfügung gestellt werden. Es sollte dabei darauf geachtet werden, wer dieses ins Netz gestellt hat. Schon alleine daran kann man sich selber ein Bild über die Aussagekraft der Beschreibung machen. Dazu gehören auch Wasserstandmitteilungen, da diese die Schwierigkeit maßgeblich mit beeinflussen.
Es bietet sich auch an, meteorologische Daten mit einzuholen, da diese wiederum die Wasserstände sehr schnell im Fall von Regen mit verändern können (4 Paddlers, RiverApp, rivermap.ch, Katwarn, uniqa, wetteralarm, uam.). Eigentlich soll laut DKV auch Canua, ihre Info- und Planungsapp, schon laufen, sie steckt aber noch in den Kinderschuhen.
Analoge Planung: Flussführer und schriftliche Infos prüfen
Der klassische Flussführer oder eine schriftliche Beschreibung von Flüssen hilft sehr gut, um den Charakter und die Schwierigkeit eines Flusses einschätzen zu können.
Bei diesen ist auch sehr oft sehr schnell erkennbar, wo sich bei einem eventuellen Abbruch der Fahrt oder eines Unfalles die nächste Straße oder Ortschaft befindet.
Lokale Experten fragen: Kajakschulen und Veranstalter einbinden
Schweigen ist Silber, Reden ist Gold!
Mit dieser Devise kann man an ortsansässige Veranstalter oder Kajakschulen herantreten, da diese sehr oft von Straßenbauämtern und Waldarbeitern über anstehende Maßnahmen informiert werden oder aktuelle Begebenheiten wie Baumhindernisse schon im Vorfeld mitteilen können.

Kajak-Vereine & Netzwerke kontaktieren: Aktuelle Infos erhalten
Wenn es in der Nähe Kajakvereine geben sollte, kann man auch bei diesen sehr oft noch Informationen über aktuelle Veränderungen oder Gefahren erhalten.
Sehr oft werden auch hier von öffentlichen Trägern Gefahren, zeitliche Sperrungen oder aber Ähnliches eingereicht.
Es ist sehr hilfreich, im Bereich von schweren Befahrungen sich einem Netzwerk anzuschließen. Dabei sind entsprechende Gruppen wie der AKC, Black Forest Whitewater etc. sehr hilfreich, da man dort sehr schnell und unkompliziert Aussagen zur aktuellen Befahrbarkeit und Risikoeinschätzungen erhält.
Schwierige Passagen scouten – ggf. mit Drohne oder zu Fuß
Bei manchen Flüssen bietet es sich auch an, schwere Stellen, die vom Fluss her nicht einsehbar sind, vorab durch Zugang oder Abseilen an diese Stelle oder mithilfe einer Drohne zu scouten.
Dabei schafft man sich den Überblick, ob eine schwere Stelle frei von Bäumen ist oder unter den jeweiligen Bedingungen vom Wasserstand her überhaupt befahrbar ist. Dies bietet sich in jedem Fall bei sogenannten Zwangspassagen an.
Rettungskette vorbereiten: Notrufnummern & Telefonliste verteilen
- Polizei*
- Erste Hilfe*
- Bergwacht*
- ADAC*
- Kontaktperson
- Telefonnummer untereinander in der Gruppe austauschen
*In sehr vielen Ländern sind diese Telefonnummern einheitlich, aber leider nicht in allen. Daher sollten sie vorab abgeklärt werden. Auch sollte darauf geachtet werden, sich kurz mit der Verfügbarkeit der Netzabdeckung auseinanderzusetzen und gegebenenfalls Telefonsperren aus den Handys nehmen zu lassen, sodass sie jeder in der Gruppe benutzen kann! Es ist leider in vielen Ländern, den Rettungsorganisationen oder der Polizei verboten, über unsere Handys unseren Standort zu lokalisieren, ohne dass vorher ein Staatsanwalt zugestimmt hat. Um Zeit zu sparen, umgehen dies viele Rettungsorganisationen dadurch, dass sie bei Bedarf eine SMS an uns senden, in der wir unseren Standort mithilfe z. B. von Google selbst übermitteln. Ein einfaches, probates Mittel ist allerdings auch das Zusenden unseres Standortes über WhatsApp an einen „Dritten“, der diesen dann an die entsprechende Rettungsorganisation weitergibt.

Dritte informieren: Wer, wann, wo paddelt – Sicherheitsrückmeldung
Leider kommt es immer wieder vor, dass an Flüssen verwaiste Autos stehen, bei denen auch nach Tagen weder Rettungskräfte noch über das Kennzeichen ermittelte Angehörige wissen, warum dies so ist. Daher bietet es sich an, Angehörigen oder anderen Personen kurz mitzuteilen, wenn man eine Befahrung eines schwereren Flussabschnittes in Angriff nehmen möchte, und sich bei diesen zurückzumelden, wenn diese abgeschlossen ist.
Gruppenreihenfolge festlegen: Wer paddelt wo?
In einer Gruppe sollte vor Beginn der Fahrt klar abgesprochen werden, wer auf welcher Position fahren soll. Dabei kommt es immer wieder vor, dass diese Reihenfolge kurzzeitig aufgebrochen wird. Sie sollte aber beim nächsten Kehrwasser oder leichterem Flussabschnitt wieder aufgenommen werden.
Helferkette definieren: Wer rettet wen im Ernstfall?
Bei einer Kenterung sollte immer der darauffolgende dem Gekenterten versuchen zu helfen, indem er ihm eventuell beim Rollen hilft oder sich gleich um den Schwimmer kümmert.
Gleichzeitig sind die voranfahrenden Gruppenmitglieder durch Zurufen oder Betätigung der Signalpfeife über die Situation zu informieren, damit sie sich mit an den Rettungs- und Bergemaßnahmen zu Wasser oder durch Aufbau und Anwendung von Sicherungsmaßnahmen vom Ufer aus einbringen.
Der Paddler, der als Zweites den Schwimmer erreicht, sollte den ersten mit unterstützen oder sich um das Paddel kümmern. Ein mit Auftriebskörpern ausgestattetes Boot kann auch mal ein paar Meter schwimmen, ohne dass es gleich verloren oder kaputtgeht. Boote im Wuchtwasser zu bergen, erfordert das Zusammenspiel von mehreren Beteiligten.
Sehr oft lässt es sich nur durch das Abbremsen mit dem Cowtail oder durch Schieben in langsam fließendem Wasser erreichen. Sehr oft muss sogar vor gepaddelt werden, um dort an entsprechender Stelle eine Springersicherung aufzubauen.

Rettungsschema auf dem Wasser: Vorgehen bei Unfällen klären
- Unfall erkennen
- Situation analysieren
- Aufgaben abstimmen
- Aufgaben ausführen
- Erkenntnisse der Aufgaben abstimmen
- Weiteres Verhalten/Vorgehen koordinieren
Handzeichen beim Kajakfahren: Klare Kommunikation & zusätzliche Zeichen für das Arbeiten mit Seilen
[dieser Abschnitt wurde gekürzt, um ihn in einem spezifischen Artikel zu behandeln, es sei hier lediglich darauf hingewiesen, dass die Hand- und Pfeif-Signale vor der Fahrt in der Gruppe abgestimmt und abgesprochen werden müssen].
Verhalten im Notfall: So reagierst du sicher und effektiv
- Ruhe bewahren
- Situation analysieren
- Klare Absprachen treffen – 10 Sekunden Abstimmung bringen 5 Minuten Effektivität
- Eigensicherung geht vor Fremdrettung
- Personen immer zuerst retten; Material ist ersetzbar!
Dabei ist zu bedenken, dass wilder Aktionismus und falsch verstandener Rettungsinstinkt leicht zu mehr Schaden als Hilfe führt.
Welche Hilfsmaßnahme jeweils die optimale wäre, ist ohne die dazugehörige Gefahrensituation zu kennen, nur schwer einzuschätzen. Deshalb ist der eigene Erfahrungsschatz die wichtigste Hilfe bei diesen Situationen. Daher der Tipp von mir: „Üben, üben und noch einmal üben!“
Die Erfahrung hat uns gezeigt, dass wir alle unter der entsprechenden Stresssituation nur dann als Rettungsteam unseren Kameraden helfen können, wenn wir immer wieder die jeweiligen Situationen simuliert und die entsprechenden Rettungsmaßnahmen eingeübt haben, um sie bei Bedarf als Routine abrufen zu können.

Strategien & Taktiken während der Befahrung eines schwierigen Flusses
Vorausschauendes Fahren: Risiken frühzeitig erkennen
Beim vorausschauenden Fahren sollte es sich um eine erfahrene oder eingespielte Gruppe handeln. Dabei gibt der erste Paddler vor, wann für ihn die Situation (Flussbegebenheit) unübersichtlich für sich und die Gruppe erscheint.
Er weist in einer solchen die Gruppe an, das nächstgelegene Kehrwasser anzusteuern, und verschafft sich vom Boot her einen Überblick über die gegebene Situation. Dann erfolgen die entsprechenden Zeichen zur weiteren Befahrung. Es müssen vorab zwingend entsprechende Absprachen getroffen werden!
Aussteigen & Einweisen: Sichtprüfung und klare Ansagen
Hierbei wird gleich wie im Punkt 1 vorgegangen. Darüber hinaus steigt der Gruppenführer aus und sichtet die Lage.
Bei klarer Beurteilung der Sachlage kann der Gruppenführer durch entsprechende Zeichen Ansagen zur Befahrung geben oder spricht die Route verbal ab. Sieht er die Schwierigkeit als zu unklar oder unübersichtlich an, sollte Punkt 3 eintreten.
Schwierige Stellen: Absichern oder umtragen
Dies ist der Regelfall und kann auch bei nicht so homogenen Gruppen gemacht werden. Dabei sichtet jeder Kajakfahrer für sich die Begebenheit. Für diejenigen, die die Stelle als nicht für sich „machbar“ erachten, steht das Umtragen an.
Dabei sollten die „Stärkeren“ den anderen helfen. Diese sollten für sich dann mit der Gruppe entsprechende Sicherungsmaßnahmen abstimmen, um das Restrisiko bei der Befahrung zu minimieren. Klare Absprachen sind dabei zu treffen. Lieber ein Video weniger als eine unsichere Befahrung!
Überschlagendes Fahren: Taktik für große Gruppen
Dies bietet sich an, wenn die Gruppe zu groß ist (ab sechs Personen). Dabei werden zwei Gruppen gebildet. Beide Gruppen fahren an sich autark. Trifft die voranfahrende Gruppe auf eine schwere Stelle, sichtet sie diese, überlegt sich eine Route und bereitet die Sicherungsmaßnahmen vor.
Die nachfolgende Gruppe wird nunmehr nur noch eingewiesen und befährt die schwere Stelle. Sie wird nun zur voranfahrenden Gruppe. Dies kann wohl als eine der anspruchsvollsten, aber auch zeitsparendsten Befahrungsformen gesehen werden.
Dabei ist zu beachten, dass sich während der Befahrung des Flusses nicht eine Großgruppe bildet, da diese die zeitliche Effizienz und auch das normale Platzmanagement in den vorhandenen Kehrwässern sehr schnell aufbrauchen würde.

Text: Ralf Schneider (Überschriften wurden für eine bessere Lesbarkeit umformuliert)
Fotos: Martin Frick
Gesamte Arbeit als PDF laden: Trainer-B 2019 Vorbereitung zum Befahren schwerer Flußabschnitte_web